Ulmer Kletterstuben
Letztes Wochenende waren wir in Ulm. Die Popbastion Ulm hat in die Reithalle zur Inklusion in der Bastion eingeladen. In der Reithalle werden heute aber keine Pferde geritten, sondern Skateboards, Bikes und jetzt auch Rollstühle. Denn die Reithalle wurde umgebaut in eine schnieke Skatehalle.
Den Weg nach Ulm bestritten wir mit dem ICE und den üblichen kleinen Problemchen am Dortmunder Hauptbahnhof, obwohl, trotz später Anmeldung, hat die Reservierung der Sitzplätze geklappt, nur hatten wir dieses mal keine Nachricht darüber erhalten und sind nur durch Zufall in den richtigen Wagon geklettert. Auf die Einstieghilfe hatten wir bewusst verzichtet, mit dem Risiko, dass die Rolltreppen nicht gehen. Wir wussten aber zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht, dass wir dieses Wochenende noch öfter klettern müssen.
Am Bahnhof Ulm angekommen, half uns der Zugbegleiter mit den Stühlen und dem Gepäck. Lisa kletterte raus und dann ich, schon fast draußen, kam auf einmal doch die Rampe und hätte um eine haaresbreite meine Beine abgehackt. Wo kommen die denn jetz her? Wenn man sie bestellt haben sie was zu meckern oder kommen nicht und wenn man sie nicht bestellt, sind sie da wenn man sie am wenigsten braucht. Komisches Volk diese DB Mobilitätshelfer.
Nunja, in Ulm angekommen schauten wir uns erstmal auf dem Bahnsteig um. Kein Aufzug zu sehen. Die DB Mobihelferin fragte, ob sie uns helfen könne. Wir verneinten. Dennoch sagte sie, sie könne nur einen nehmen. Wir guckten uns fragend an und erwiederten, dass wir wohl selbst fahren können. Dann rollten wir los, einen Aufzug gab es nicht, aber Rampen. Lange, steile Rampen. Wir hatten meinen alten Skaterolli dabei, als Ersatz und Leihstuhl für den Workshop und benutzten ihn um unser Gepäck zu transportieren, was den Rolli sehr schwer und fast unlenkbar machte. Trotzdem ging runter ganz gut, zum Glück sprang keiner in den Weg, ich hätte wohl nicht bremsen können…
Die Rampe wieder hoch in die Bahnhofshalle aber hatte ich keine Chance alleine mit dem Gepäckrolli. Zum Glück kam schnell jemand zur Hilfe. Das Ulm auch nicht ganz so eben ist, hätte wir uns aufgrund der geographischen Lage denken können, aber in Ulm ist ja auch nur alles 500 m entfernt haben wir Google Maps vertraut, war ja auch so, aber halt auch ein paar Höhenmeter. Wir erreichten das Hotel mit einem weiteren hilfsbereiten Passanten, der unser Gepäck anschubste.
Die Klettertour war hier allerdings nicht vorbei, sie fing erst an. Die kleien Stufe und die blöden Türen machten mich noch nicht stutzig, aber als ich dann drinnen war, sah ich Treppen. Genauer gesagt drei Stufen, die zum Aufzug führten, keine Rampe und offenbar keine Zimmer auf der unteren Ebene. An der Rezeption ein junger Mann, ich schätze mal ein Azubi, der nicht genau wusste was er mit uns tun soll. Hm vielleicht lernt man erst im 3. Lehrjahr, dass man Menschen mit Behinderung auch ganz normal wie jeden anderen Gast behandeln kann. Aber woher sollte er es denn auch besser wissen, wenn seine Kollegen, älteren Semesters, es auch nicht besser wussten. Die Dame, die er rief, konnte uns wenigstens sagen welches Zimmer wir bekommen. Ich fragte, ob es denn rolltuhlgerecht sei. Sie sagte ja und ich fragte weiter, wie wir denn dahin kommen sollen. Es gibt eine Rampe. Aha, naja ich gab meine Unterschrift und war gespannt was da wohl aus dem Schuppen geholt wird.
Anlegerampen verhieß nichts gutes und so kam es dann auch, dass die Schienen, die an die Treppen gelegt wurden vielleicht für Kinderwägen funktionieren, nicht aber für selbstständige Rollstuhlfahrer. Als Test lies ich den Gepäckrolli hochschieben, vom Azubi und wenn es nicht so traurig wär, hätte man laut lachen müssen. Nicht nur, dass man sich zu blöde anstellen kann einen Rollstuhl zu schieben, man kriegt noch nicht mal mit, dass die Rampen eben totaler Mist sind. Jedenfalls wollt ich mich nicht von denen hochschieben lassen, also kletterte ich, dann Lisa hinterher. Aus bisher ungeklärten Umständen fiel Lisas Rolli um und ihr teuer erstandener Kakao verteilte sich auf dem Boden. Wir waren beide extrem angepisst und wollten nur noch ins Zimmer.
“Ich helfe ihnen mit der Tür, die sind ziemlich schwer.” sagte der Azubi. Am Liebsten hätte ich gesagt: “Alter, wir sind hier gerade die Treppen hochgeklettert und du bist zu blöde einen Rollstuhl zu schieben, meinst du wirklich wir brauchen seine verdammte Hilfe.” , aber ich sagte nur “ok”. Die Tür war nicht schwer… Viel schlimmer war, dass er sich selbst auf ebenem Boden zu blöd anstellte den Gepäckrolli zu schieben. Er schob tatsächlich an den Rädern und kam damit unglaublich langsam voran.
Das Zimmer war zu unserer Überraschung tatsächlich Rollstuhlgerecht, naja sagen wir seniorengerecht. Die Dusche hang hoch, selbst auf dem niedrigsten Punkt. Die Toilette war ein Hochsitz und die Dusche war ein Hochdruckreiniger. Aber tatsächlich brachte man in dem recht kleinen Bad ganze vier riesige Griffe an, die das Bad noch kleiner machten.
Am nächsten Tag frühstückten wir, natürlich mit treppenspringen am Morgen. Dann wurden wir von unsren Gastbebern abgeholt und rollten die nächsten 500 m zur Bastion. Ein Gelände mit dem Roxy, der Reithalle, dem Schilli, einem, nein zwei Kinos. Echt super diese Popbastion. Zudem nette Leute, die alles in die Wege leiteten, sogar das Rollstuhlklo noch putzten, nachdem der Chef persönlich feststellen musste, dass es nicht leer geräumt wurde. Ich bin guter Hoffnung, dass bei meinem nächsten Besuch das Klo sofort benutzbar ist. Generell ist es ja sehr lobenswert, dass die Skatehalle über ein Rolsltuhlklo verfügt und der Klub Schilli neben an über noch eins. Die Voraussetzungen waren also super.
Der erste Teilnehmer, Urs, war super pünktlich und musste leider etwas warten bis wir uns gesammelt hatten. Leider war der Beginn nicht richtig mitgeteilt, sodass alle nach und nach eintrafen und ich immer wieder Einzelunterricht gab. Es waren aber echte Talente in Ulm, neben Urs, kam die Martina, welche mit ihrer Familie aus Österreich anreiste, sofort super klar und hätten mich eigentlich gar nicht gebraucht. Auch ältere Semester fanden den Weg in die Reithalle und weitere talentierte Rollstuhlfahrer konnten hier neue Bewegungserfahrungen machen. Urs machte sogar direkt seinen ersten Drop in von der Quarter!
Man merkt, dass es Zeit wurde einen Workshop in Süddeutschland zu veranstalten und wir freuen uns, dass neben Ulm nächstes Jahr auch Münschen und Mühlacker auf dem Plan stehen werden.
Abends gingen wir noch in die Stadt. Lisa wollte unbedingt schwäbisch essen, Spätzle, Maultaschen, so in die Richtung. Zur Lochmühle sollte es dann sein, nachdem uns das Google, Veranstalterin und ein Freund unseres neuen Freundes Elias dieses empfohlen haben. Wir rollten also auch diese 500 m in die Stadt um festzustellen, dass es keinen ebenen Weg hinein gab. Also die Treppen runter in den Biergarten und die nächsten Treppen runter ins Restaurant. “Wir sind voll” teilte uns die Kellnerin mit, dass es nur noch Plätze an der Theke gab. Aber diese Treppentour sollte nicht unbelohnt bleiben, also kletterten wir nun auch noch auf die Thekenhocker.
Und es hat sich gelohnt, denn wir wurden mit einem richtig leckeren Essen belohnt. Später fuhren wir zurück zur Bastion und lauschten noch einem Konzert, bevor wir uns wieder mit dem Hotel, wo nun auch noch der Eingang zugeparkt war, rumärgerten.
Am Abreisetag kam die Veranstalterin Anthon um uns mit dem Gepäck zu helfen. Sie erklärte dem Hotelbetreiber nochmal etwas sachlicher, dass solche Rampen nicht rollstuhlgerecht sind, sondern nur eine Notlösung. Doch ich glaube, dass wir die ersten aktiven Rollstuhlfahrer waren, die dort diese Probleme ansprachen, denn sie schienen es einfach nicht zu verstehen. Vielleicht nehmen sie zumindest den Tip an und schreiben einen Hinweis auf die Internetseite. /David