DB 3S minus 2S = Service der Bahn
Grenzen sind wie Barrieren, manchmal kann man sie überwinden, manchmal nicht. Wir sind definitiv dafür Grenzen und Barrieren abzubauen, aber bis diese weg sind, müssen wir sie halt irgendwie umfahren. Dann gibt es Tage, da scheint auch alles grenzenlos zu sein und Tage, an dem direkt vor einem Mauern aufgebaut werden. Gerade erst haben wir beim Tag ohne Grenzen in Hamburg so schön beeindruckend zelebriert, wie viele Möglichkeiten Rollstuhlfahrer und behinderte Menschen heutzutage haben. Da viele Leute davon noch gar nichts wissen, sind solche Veranstaltungen sehr wichtig. Wichtig, um der breiten Masse die veralteten Stereotype auszutreiben, aber auch um Rollstuhlfahrern selbst neuen Perspektiven zu schaffen, Ängste abzubauen und für neue Dinge zu motivieren. Vielen Dank für diese tolle Möglichkeit die Vielfalt des Sports unter die Leute zu bringen liebe DGUV!
Dann aber gibt es diese Tage, wo man ungewollt der breiten Masse zeigt, dass man halt doch nicht so frei und selbstbestimmt ist. Oftmals haben diese Tage mit einer Bahnreise zu tun. Ob es da einen Zusammenhang gibt? Wir meinen JA!
Dieses Wochenende sind wir nach Berlin gefahren, genauer noch nach Rüdersdorf bei Berlin, um die Brandenburg Open um einen Programmpunkt zu erweitern. Dass dieser wegen der ständig wechselnden Wetterlage dann ins Wasser gefallen ist, ist natürlich ärgerlich, aber zum Glück haben wir uns noch mehr vorgenommen an diesem Wochenende. Wir waren in Brandenburg an der Havel um meine alte Rehaklink in Hohenstücken besuchen und haben eine alte Freundin wiedergesehen, was wirklich toll war und allein die Reise und das Wochenende zu einem gelungenen Trip macht. Aber es gab da dann doch noch einige Sachen, die man zumindest mal bedenken sollte.
Unser Hostel bspw. hatte eigentlich alle Voraussetzungen uns ein stressfreies Wochenende in Berlin zu verschaffen. All In hieß es und das kann ja schon mal heißen, dass alle rein können, muss aber nicht heißen, dass man das alleine kann. Nach 22 Uhr fährt der Aufzug auf einmal nicht mehr nach unten, man muss erst das Personal aufsuchen um raus zu kommen. Halb so wild, aber warum muss man eine Toilette / Dusche ein Stockwerk höher nutzen und dann noch nicht mal das neben dem Aufzug, sondern ein weiteres viel weiter entfernt, wo es doch eins auf der selben Etage, unweit vom Zimmer, gibt. Angeblich gehörte es zu einem Zimmer… Aber warum ist es dann von draußen als betretbar und gekennzeichnet? Ok, auch noch nicht so wild, es ist immerhin möglich. Doch wenn man erst etliche Male mit voller Blase, oder früh am Morgen / spät Abends zur Rezeption muss, weil das zugeteilte Klo nicht öffnen möchte, dann ist das doch irgendwie scheiße, wenn man von den anderen Klos weiß. Auch das Zimmer war nicht so super (wir hatten ein 8 Bett Zimmer zu zweit). Man konnte nicht am anderen vorbei und selbst kaum drehen. Andere offenbar freie Zimmer, hätten da mehr Platz geboten. Andere bezahlen für das selbe Zimmer jedenfalls deutlich weniger… Ok dann hat man ein paar fremde bei sich im Zimmer, aber man spart halt auch Geld. Wir dachten uns ja auch: Hey wir gönnen uns mal was, pennen nicht bei Freunden auf dem Boden und nehmen uns ein Doppelzimmer. Naja beim nächsten mal surfen wir vielleicht doch lieber wieder ne Couch, denn da kommt man auf jeden Fall rein und raus, man kann auf Klo und auf die Dusche wann immer man will / muss. Bei Freunden pennt man ja auch mal auf dem Boden, aber dann macht man das gern, bezahlt nix und man´weiß, dass man sich ein Bad teilen muss. Das All in Hostel hatte aber mehrere Rolliduschen, ließ uns aber nur ein sehr entferntes nutzen und wenn gerade ein anderer Rollifahrer (oder auch keiner) dort drinnen war, musste man wieder ein Stockwerk nach unten, um nach einem anderen Bad zu fragen.
Die Lage im Herzen Friedrichshains war aber super, sodass Lisa viele Cupcakes und ihre geliebten Spätzle bekam und ich einen Abstecher in die Jägerklause machen konnte. Auch Kreuzberg war easy zu erreichen und so war locker ein Besuch bei Iriedaily drin, wo mit nem Kaffee auf den gemeinsamen Weg angestoßen werden konnte und Pläne für den zukünftigen Weg geschmiedet wurden #staytuned 😉
Nun mussten wir aber weiter nach Rüdersdorf – S7 nach Ostkreuz, S3 nach Friedrichshagen und mit der Tram 88 nach Rüdersdorf. Eigentlich ganz einfach, wenn da nicht dieser Unsicherheitsfaktor Aufzüge wäre. Ein einziger defekter Aufzug am Ostkreuz durchkreuzte jedenfalls unseren Plan und wir mussten den Umweg Alexanderplatz, RE1 nach Erkner, S3 zurück(!) Richtung Berlin nach Friedichshagen in Kauf nehmen. Der RE1, der uns ja auch schon von Magdeburg nach Brandenburg und von dort nach Berlin gebracht hat, erschien mir auch nicht mehr so vertraut wie früher. Es sind dort jetzt die Rollstuhlplätze weiter in der Mitte des Zuges, die Rampen sind nicht mehr automatisch und es stand eine Wand aus Metall zwischen Lisa und mir.
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Der Rückweg aus Rüdersdorf war dann allerdings noch interessanter, denn am S Bahnhof Friedrichshagen ging der grad noch benutzte Aufzug nicht mehr. Auf Nachfrage bei der 3S Zentrale der DB wurde dieser am Morgen als Störung gemeldet. Ein Auftrag zur Reparatur wäre schon raus, der Monteur entscheidet aber selbst wann er diesen in Angriff nimmt. Sonntag jedenfalls nicht. Was man dann für Möglichkeiten hat war lange ein Rätsel. Wir sollten eine andere Straßenbahn in Richtung Köpenick nehmen, ob diese aber barrierefrei ist, konnte man uns nicht sagen. Einen Notfallplan gäbe es jedenfalls nicht. Ein Taxi könnten wir nehmen, natürlich ohne Zusage, dass die Kosten von der Bahn übernommen werden können. Was die wohl gemacht hätten, wenn wir da ein Zelt bis Montag aufgeschlagen hätten? Die Polizei gerufen wegen unangemeldeter Demo?
Aber wenn der Monteur doch erst auf einer seiner nächsten Touren vorbei kommt und es offenbar keine Alternative gibt, muss man halt ein paar Tage im Bahnhof bleiben. Als Bahnkunde muss man eben flexibel sein. Unterm Strich hatte die 3S Zentrale keine Lösung bieten können und somit in 2 von 3 S versagt: Service-Sicherheit-Sauberkeit.
Schlussendlich halfen uns Passanten unsere Koffer, Rollstühle und Equipment die Treppen hoch zu tragen, während wir diese erklimmten. Bahnhofspersonal hätte dies nicht getan, aus versicherungstechnischen Gründen, wie ich es schon oft gehört habe. Freundliche Passanten tun dies aus Menschlichkeit und Hilfsbereitschaft, doch was wenn die sich nun dabei verletzen würden? Sich überheben oder den Rollstuhl die Treppen runter fallen lassen? Ich finde bei all unseren Regeln sollte man manchmal auch einfach menschlich und hilfsbereit sein, auch als DB Mitarbeiter.
Ob man nun wegen Körperverletzung, Nötigung oder Ähnlichem gegen die Bahn vorgehen kann weiß ich nicht, aber irgendwas sollte man mal tun, damit die Bahn mal merkt, dass es Sinn macht die Aufzüge und Rolltreppen in Schuss zu halten.
Stellen sie sich doch mal vor, es gäbe keine Treppen und alle wären darauf angewiesen. Keiner könnte ohne Aufzug den Service der Bahn in Anspruch nehmen, keiner würde zahlen. Wie schnell wären wohl alle Bahnhöfe barrierefrei zugänglich und mit redundanten Aufzugssystemen ausgestattet? Aber für so ein paar motzende Rollifahrer doch nicht. Wie viele aber in den 30 Minuten dort ihre Kinderwagen, Fahrräder, schweres Gepäck hoch tragen mussten, humpelnd, schnaufend, fluchend… eigentlich sollte es auch mit der Existenz Treppen klar sein, wie wichtig die barrierefreie Zugänglichkeit der Bahnhöfe ist.
Mittlerweile sitzen wir im ICE nach Hause. Die Einstiegshilfe hat ohne Probleme geklappt. Wir waren am Ostbahnhof aber auch angemeldet. Wie sehr der Service davon abhängig ist, hatten wir gerade erst wieder im RE1 gemerkt. Dort wurden wir mehrfach darauf hingewiesen, dass wir ein Störfaktor sind und ein Grund für Verspätungen wenn wir uns nicht anmelden (zu diesem Zeitpunkt sind wir schon eigenständig am in Brandenburg ebenerdigen Bahnsteig 1 eingestiegen!). Wir haben mehrfach dann daran erinnert, dass ein Regionalzug, anders bei einer Fernreise, einfach auch mal spontan und ohne Planung genutzt wird. Man kann diesen also gar nicht anmelden , schon gar nicht an Brandenburgischen Kleinstadt Bahnhöfen.
Selbstbestimmte Mobilität ist für viele Zugbegleiter offenbar immer noch ein unbekanntes Mysterium. Dennoch vielen Dank Deutsche Bahn, dass wir wieder einmal sicher von Dortmund nach Berlin und wieder zurück gekommen sind, wenn es auch wieder einmal einige Nerven gekostet hat.
/David
(Positive) Fotos und Videos vom Trip:
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